Qualitäts- und Risikomanagement in der Frührehabilitation



Abb. 22.1.
Deming- oder PDCA-Zyklus als Basis aller qualitätsverbessernden Maßnahmen





  • Planen („plan“),


  • Ausführen („do“),


  • Überprüfen („check“),


  • Verbessern („act“).


Zunächst ist ein Plan für eine effektive Verbesserung zu entwickeln („plan“), wobei überlegt wird, welches die wichtigsten Ergebnisse und die größten Hindernisse sind, und welche Änderungen erforderlich werden. Danach ist dieser Plan auszuführen („do“), zunächst in kleinerem Maßstab. Anschließend sollen die Auswirkungen der Änderungen beobachtet und die Ergebnisse festgehalten und überprüft werden („check“). Schließlich werden die Ergebnisse studiert, um zu erkennen, was an dem Vorgang noch zu verbessern ist („act“).

Der Zyklus wird nun ständig erneut durchlaufen. Das wiederholte Durchlaufen ist besonders sinnvoll, da das Problem jedes Mal etwas mehr eingegrenzt wird und außerdem der Wissensgewinn des Anwenders zunimmt, indem die Erfahrungen aus den vorhergehenden Zyklen angewendet werden können.



22.4 Qualitätsindikatoren


Um Qualitätsziele überhaupt erreichen zu können, müssen Aspekte der Qualität quantifizierbar, d. h. messbar gemacht werden. Hierzu bedient man sich der sog. Qualitätsindikatoren („quality indicators“; ▶ Übersicht 22.2). Ein Indikator ist keineswegs mit Qualität gleichzusetzen, er ist auch kein direktes Maß derselben. Vielmehr sind Qualitätsindikatoren ein quantitatives Maß, welches zum Monitoring und zur Bewertung der Qualität wichtiger Leitungs-, Management-, klinischer und unterstützender Funktionen genutzt werden kann, die sich auf das Behandlungsergebnis beim Patienten auswirken. Indikatoren sind Werkzeuge, die benutzt werden können, um Abläufe zu bewerten und die Aufmerksamkeit auf potenzielle Kernprobleme einer Organisation zu lenken.

Qualitätsindikatoren können struktur-, prozess- oder ergebnisorientiert sein. Bei der Auswahl geeigneter Indikatoren wird die sog. RUMBA-Regel angewendet:



  • Relevant for the selected problem (relevant).


  • Understandable for providers and patients (verständlich).


  • Measurable with high reliability and validity (messbar).


  • Behaviourable i. e. changeable by behaviour (durch Verhalten modifizierbar)


  • Achievable and feasible (errreich- und durchführbar).


Übersicht 22.2. Mögliche Qualitätsindikatoren

Prozessqualität:



  • Wartezeiten


  • Medikamentenverbrauch


  • Verweildauer

Ergebnisqualität:



  • Aspekte der Teilhabe, Selbständigkeit (z. B. durch den Barthel-Index erfasst)


  • Lebensqualität (Fragebogen)


  • Patientenzufriedenheit


  • Komplikationsraten

Strukturqualität:



  • Mitarbeiterzahl


  • Qualifikationsnachweise von Mitarbeitern


  • Apparative Ausstattung


22.5 Die sieben elementaren Qualitätswerkzeuge (Tools of Quality, Q7)


Die Qualitätswerkzeuge werden auch als die sieben elementaren Werkzeuge der Qualitätssicherung oder als die sieben Qualitätswerkzeuge, kurz Q7, bezeichnet (▶ Übersicht 22.3). Es sind visuelle Hilfsmittel, um Probleme zu erkennen, zu verstehen und zu lösen. Ursprünglich wurden sie von dem Japaner Ishikawa (der auch das Ursache-Wirkungs-Diagramm als eines dieser Werkzeuge entwickelte) zur Anwendung in Qualitätszirkeln zusammengestellt. Die Q7 sind unerlässlich für die Analyse von Prozessen, Fehlern und deren Ursachen im Qualitätsmanagement.


Übersicht 22.3. Die sieben elementaren Werkzeuge der Qualitätssicherung (Q7)



1.

Fehlersammelliste

 

2.

Histogramm (Säulendiagramm)

 

3.

Qualitätsregelkarte

 

4.

Pareto-Diagramm

 

5.

Korrelationsdiagramm (Streudiagramm)

 

6.

Brainstorming

 

7.

Ursache-Wirkungs-Diagramm (Ishikawa-Diagramm)

 


22.5.1 Fehlersammelliste


Die Fehlersammelliste (Check Sheet) ist eine denkbar einfache Methode zur Erfassung und übersichtlichen Darstellung von Fehlern nach Art und Anzahl. In ◘ Tab. 22.1 sind beispielhaft die Fehler im Prozess der Patientenaufnahme erfasst, die an einem durchschnittlichen Tag vorkommen.


Tab. 22.1.
Beispiel einer Fehlersammelliste, Fehler im Prozess der Patientenaufnahme eines Krankenhauses

























Art der Fehler

Absolute Häufigkeit

Computer defekt

5

Drucker defekt

2

Arzt ist informiert, erscheint aber nicht

1

Telefon defekt

0

Sonstige, nicht aufgeführte Fehler

0

Bereits auf der Basis dieser Fehlersammelliste könnte man z. B. die Schlussfolgerung ziehen, dass die EDV-Anlage ein Problem im Prozess der Patientenaufnahme darstellt. Abhilfe könnte simpel geschaffen werden, indem ein neuer Computer mit Drucker gekauft wird.


22.5.2 Histogramm/Säulendiagramm


Das Histogramm ist ein Säulendiagramm (auch Treppenpolygon genannt), das sehr häufig in der Statistik benutzt wird, um die Häufigkeitsverteilung klassierter Daten darzustellen. Es besteht aus Rechtecken (Säulen), deren Höhe die Häufigkeit (n, y-Achse) in der jeweiligen Klasse (Intervalle, x-Achse) angibt (◘ Abb. 22.2).

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Abb. 22.2.
Beispiel eines Histogramms im Rahmen einer Studie zur Schmerzintensität (bestimmt mit der visuellen Analogskala: 0 cm „überhaupt kein Schmerz“, 10 cm „maximal vorstellbarer Schmerz“) bei n=89 chronischen Kopfschmerzpatienten. Es wurden insgesamt 9 Intervalle bzw. Klassen gebildet. Dargestellt ist auch die Normalverteilungskurve

Anhand des fertigen Histogramms lässt sich beispielsweise erkennen, ob sich die gemessenen Werte innerhalb bestimmter Toleranzgrenzen befinden, und in welchen Bereich bzw. in welche Klasse die meisten Messwerte fallen.


22.5.3 Qualitätsregelkarte


Die Qualitätsregelkarte (Control Chart) ist eine statistische Methode zur Überwachung von laufenden Prozessen (z. B. in der Produktion von Waren) und findet Anwendung im Rahmen der sog. statistischen Prozessregelung (SPR; Statistical Process Control, SPC). Dabei werden Daten, die aus Stichproben eines Fertigungsprozesses ermittelt wurden, in ein Formblatt mit Koordinatensystem eingetragen (◘ Abb. 22.3). Bei den Daten handelt es sich i. d. R. um Messwerte oder daraus errechneten Kennzahlen, die in Verbindung mit vorher eingezeichnetem Mittelwert sowie Warn-, Eingriffs- und Toleranzgrenzen zur Untersuchung und Steuerung des betrachteten Prozesses dienen.

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Abb. 22.3.
Beispiel einer Qualitätsregelkarte. OEG Obere Eingriffsgrenze. UEG Untere Eingriffsgrenze. Das Beispiel zeigt einen nicht mehr beherrschten Prozess, bei dem sowohl die obere als auch untere Eingriffsgrenze überschritten wird. Sollwert = Mittelwert

Liegen die Eintragungen außerhalb der zuvor bestimmten Warngrenze, so ist der Prozess mit erhöhter Aufmerksamkeit zu beobachten, insbesondere, wenn sich die Werte weiter in Richtung der Eingriffsgrenze bewegen. Ein sofortiges Eingreifen ist erforderlich, wenn auch nur eine Eintragung außerhalb der Eingriffsgrenzen liegt, denn dann ist der Prozess nicht mehr beherrscht. Auf diese Weise werden vorbeugend-fehlerverhütende Maßnahmen ermöglicht. Dieses rechtzeitige Erkennen von Abweichungen sowie die Darstellung zeitlicher Veränderungen des Prozesses zählen zu den Vorteilen der Qualitätsregelkarte.

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Dec 11, 2016 | Posted by in NEUROLOGY | Comments Off on Qualitäts- und Risikomanagement in der Frührehabilitation

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